Filesharing
Eltern haften nur eingeschränkt für illegales Filesharing ihrer minderjährigen Kinder.
Am 15. November 2012 verkündete der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) ein Urteil zur Haftung von Eltern hinsichtlich ihres minderjährigen Kindes betreffend urheberrechtlicher Verletzungen von Rechten an Musikstücken. Seit Jahren mahnen zahlreiche Kanzleien, die von Musikproduzenten und Musikvertriebsunternehmen beauftragt wurden, betreffend dieses Vorwurfes ab. Dies hat häufig empfindliche Zahlungen der Eltern zur Folge.
Bis dann war es in der Rechtsprechung so, dass die Eltern umfassend für die Urheberrechtsverletzungen ihrer Kinder hafteten. Gegenstand der Handlungen der Kinder war, dass diese so genannte Tauschbörsen im Internet nutzten, wie zum Beispiel bearshare.com. Bei Tauschbörsen werden Musikstücke nicht nur heruntergeladen, sondern gleichzeitig auch zum Download für Dritte bereitgestellt.
Diese Handlungen stellen ausnahmslos urheberrechtliche Verletzungen der Schöpfer der Musikstücke dar. Die abmahnenden Kanzleien haben die Informationen hinsichtlich der IP-Adressen zur Identifikation der Verletzer mittels der Staatsanwaltschaften ermitteln lassen. Anhand dortiger Auskünfte konnten Sie dann die Verletzungshandlungen den später abgemahnten Personen direkt zuordnen. Hier stand es in der Rechtsprechung ausnahmslos so, dass die Eltern für diese Handlungen ihrer Kinder umfassend hafteten.
Im nun vom BGH zu entscheidenden Fall war es so, dass die Eltern den Internetanschluss ihrem damals 13 Jahre alten Sohn zur Verfügung gestellt hatten.
Dazu hatten sie ihm zu seinem 12. Geburtstag einen gebrauchten PC überlassen. Bei einer vom zuständigen Amtsgericht angeordneten Durchsuchung der Wohnung wurde dann der PC des Sohnes beschlagnahmt. Auf dem Computer waren die Tauschbörsen-Programme „Morpheus“ und „Bearshare“ installiert. Nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft ließen die späteren Kläger die Eltern durch einen Rechtsanwalt abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern. Die Eltern gaben diese Unterlassungserklärung ab. Sie weigerten sich jedoch Schadensersatz zu zahlen und die Abmahnkosten ebenfalls zu übernehmen.
Sodann wurden sie auf Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten verklagt. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Die Berufung der Eltern ist vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. In der Revision hat der BGH die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der BGH vertrat hierbei die Ansicht, dass die Eltern ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt hatten, da sie dem Kind eine rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen bereits im Vorfeld verboten haben.
Die Bundesrichter stellen insbesondere darauf ab, dass grundsätzlich keine Verpflichtung der Eltern besteht, den Computer und die Internetnutzung des Kindes zu überwachen oder ihm den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren. Zu derartigen Maßnahmen seien Eltern – so der BGH – nur dann verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind haben (Urteil vom 15.November 2012 – Aktenzeichen: I ZR 74/12).
Damit hat der BGH Eltern erstmals die Möglichkeit gegeben, sich wirksam gegen eine Abmahnung zu verteidigen.
Es ist daher allen Eltern anzuraten, für den Fall des Erhalts einer solchen Abmahnung, eine Fachanwältin oder einen Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz aufzusuchen. Dann wird der Vorgang genau beleuchtet und entsprechend der tatsächlichen Umstände auch vorgetragen, damit sich die Eltern vor den nicht unerheblichen Abmahnkosten und den noch deutlich höheren Schadenersatzforderungen schützen können.
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