Umgang
Erzwungener Umgang: Der persönliche Kontakt eines jeden Elternteils mit seinem Kind ist leider nicht immer so selbstverständlich wie es sein sollte.
Die ständig steigende Zahl der Ehescheidungen führt zwangsläufig dazu, dass viele Kinder zwischen Eltern hin- und hergezerrt werden. Bei einem nicht unerheblichen Teil der Ehescheidungen muss zusammen mit der Scheidung ein Streit über den Umgang mit einem Kind geklärt werden (eine so genannte Scheidungsfolgesache). Der Elternteil, bei dem die gemeinsamen Kinder nicht leben, muss mit gerichtlicher Hilfe, gegen den Willen des anderen Elternteils sein Recht durchsetzen, mit den Kindern Umgang zu haben.
Wenn keine Vereinbarung zum Umgang zwischen den Eltern gefunden werden kann, muss der Elternteil, der Umgang mit dem Kind will, dies bei Gericht beantragen. Regelmäßig wird Umgang alle zwei Wochen an Wochenenden, einen Tag oder mehrere Tage (dann mit Übernachtung) gewährt. Es sind aber auch unzählige andere Regelungen denkbar und möglich.
Der entscheidende Maßstab, ob und in welchem Umfang (wie viele Tage, mit oder ohne Übernachtung) Umgang stattfinden kann, richtet sich nach dem Wohl des Kindes. Das Wohl des Kindes ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der alles ausdrückt, was dem Kind kurz-, mittel- oder langfristig gut tut. „Gut“ ist dabei nicht mit „Spaß“ gleichzusetzen.
Ob das Kind Umgang will oder nicht, ist nicht allein entscheidend.
Wenn der Vater oder die Mutter den Umgang dann gegen den anderen gerichtlich durchgesetzt hat, kann der Umgang dennoch erst stattfinden, wenn sich der Andere an die gerichtliche Bestimmung oder die vor Gericht getroffene Vereinbarung hält. Tut er das nicht, bieten die Familiengesetze die Möglichkeit, den Umgang unter bestimmten Voraussetzungen zwangsweise durchzusetzen.
Das Gesetz sieht Ordnungsmaßnahmen vor. Wer den Umgang gegen die Vorgaben eines Gerichtsbeschusses oder einer Vereinbarung nicht gewährt, kann auf Antrag des, den Umgang begehrenden Elternteils vom Gericht Ordnungsgeld oder Ordnungshaft auferlegt bekommen. Das Gericht kann zunächst ein Ordnungsgeld bis 25.000 Euro verhängen. Wenn das den Anderen nicht bewegen kann, Umgang zu gewähren, kann auf Antrag des anderen Elternteils Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verhängt werden.
Das Gesetz gibt den Familienrichtern bei der Entscheidung über Ordnungsmittel einen Spielraum, das so genannte Ermessen. Ordnungsmittel sollen sachgemäß sein und nicht vorschnell verhängt werden. Es kann sein, das der andere Elternteil den Umgang nicht ohne guten Grund versagt (Notfall, Verhalten Dritter, Zugführerstreik oder ähnliches).
Die gesetzlichen Maßnahmen können auch mit einer Durchsuchung der Wohnung desjenigen, der den Umgang verweigert, oder mit unmittelbarem Zwang verbunden sein.
Letzterer ist erforderlich, um gegen den, der das Kind bei sich hat, körperliche Gewalt (Festhalten oder anderes) verüben zu dürfen, das Kind also erforderlichenfalls mit körperlicher Gewalt wegzunehmen. Der Gerichtsvollzieher kommt dann mit Polizisten und holt das Kind mit Zwang (Gewalt) ab. Gewalt heißt nicht, dass der Gerichtsvollzieher einen Elternteil verprügelt. Es bedeutet nur, dass der Gerichtsvollzieher und ihn begleitende Polizisten, körperlich so auf den Elternteil einwirken dürfen, dass sie das Kind gegen den Willen des Elternteils mitnehmen können.
Voraussetzung für die Ordnungsmaßnahmen ist, dass der vereinbarte / festgesetzte Umgangstag bereits verstrichen ist, ohne dass Umgang oder Zwangsumgang gewährt wurde. Beantragt der andere Elternteil bereits am Tag vor dem bestimmten Umgang Ordnungsmaßnahmen, weil etwa im Streit gesagt wurde, das Kind werde nicht ausgehändigt, ist ein Antrag auf Ordnungsmittel erfolglos - es gibt keine vorsorglichen Zwangs- und Ordnungsmaßnahmen.
Ob es pädagogisch sinnvoll oder vertretbar ist, den Umgang mit einem Kind mit Gewalt durchzusetzen, wird an dieser Stelle nicht beurteilt. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit jedenfalls vorgesehen. Die Erfahrung in der familiengerichtlichen Praxis lehrt jedoch, dass Kinder leider allzu oft als Waffe gegen den Ex-Partner benutzt werden („Wenn du nicht freiwillig Unterhalt zahlst, bekommst du das Kind eben nicht!“). Dieser Unsitte soll das Gesetz mit den Ordnungsmaßnahmen entgegenwirken. Der Umgangsberechtigte soll die Möglichkeit haben, den Umgang unabhängig vom Willen und der Kooperationsbereitschaft des Anderen zu erzwingen.
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