Unterhaltsrecht II
Jedes Kind hat einen Unterhaltsanspruch gegen die Eltern.
Leben diese nicht zusammen, so erfüllt der eine Elternteil den Unterhaltsanspruch durch Pflege und Erziehung, der Andere durch Zahlung des Kindesunterhalts. Die Höhe lässt sich abhängig vom Einkommen des Unterhaltsschuldners aus der Düsseldorfer Tabelle ablesen. Gegenüber minderjährigen Kindern darf der erwerbstätige Unterhaltspflichtige nur 900 Euro selbst behalten, der nicht Erwerbstätige sogar nur 770 Euro.
Die wichtigste Änderung im Bereich des Kindesunterhaltes ist die Stärkung der minderjährigen Kinder und der ihnen gleichgestellten, so genannten privilegierten Volljährigen (Schüler bis 21 Jahre im Haushalt der Eltern) gegenüber ehemaligen Ehegatten. In der Praxis sind die so genannten Mangelfälle die Regel, bei denen das Geld des Unterhaltsschuldners nicht für alle Unterhaltsberechtigten reicht. Dann entscheidet eine gesetzlich festgelegte Rangfolge, welcher Unterhaltsanspruch zuerst erfüllt wird. Nach der neuen Rechtslage stehen Kinder nun in der Rangfolge vor Erwachsenen, also auch vor ehemaligen Ehegatten.
Hat also ein geschiedener Ehegatte mit einem neuen Partner ein Kind, so steht der Unterhaltsanspruch dieses Kindes an erster Stelle. Nur wenn dann noch genug zu verteilen ist, kommt auch der Ex-Partner zum Zuge. Insgesamt wird damit nicht nur die Situation der Kinder verbessert, sondern es wird auch die Lage der Unterhaltspflichtigen verbessert. Bei der Gründung einer neuen Familie werden sie diese nun wahrscheinlich auch versorgen können.
Wer gegenüber minderjährigen Kindern unterhaltspflichtig ist, unterliegt einer so genannten, gesteigerten Erwerbsobliegenheit.
Das heißt er muss alles ihm mögliche und zumutbare tun, dass er genug verdient, um den Unterhalt auf zu bringen. Hier sind die Gerichte sehr streng und verlangen beispielsweise von einem Arbeitslosen, durch monatlich mindestens 30 bundesweite Bewerbungen nach zu weisen, dass er sich wirklich um eine Arbeitsstelle bemüht. Weist der Unterhaltspflichtige diese Erwerbsbemühungen nicht nach, werden ihm fiktive Einkünfte zugerechnet. Dann wird er bei der Berechnung des Unterhalts so behandelt, als würde er das Geld verdienen, was er durch seine nicht ausreichenden Bemühungen zu verdienen unterlässt.
In dieser Frage sind die Gerichte in der Vergangenheit häufig über das Ziel hinausgeschossen. Menschen ohne reale Beschäftigungschance, die beispielsweise nur von geringen Hartz IV-Einkünften lebten, wurden so gestellt, als hätten sie einen Job. Somit sollten sie den Unterhaltsanspruch aus ihren geringen Hartz IV-Einkünften befriedigen. Diese Praxis wurde vom Bundesverfassungsgericht und vom Bundesgerichtshof (BGH) eingeschränkt. Ein fiktives Einkommen kann nur angenommen werden, wenn der Betroffene überhaupt in der Lage ist, ein Einkommen zu erzielen, dass über die Sicherung des eigenen Unterhalts hinaus ausreicht, um auch noch Kindesunterhalt zu leisten.
Das muss das Gericht anhand der persönlichen Erwerbsbiografie und der beruflichen Qualifikation des Unterhaltsverpflichteten im Einzelfall überprüfen.
Die bisher verbreitete, pauschale Annahme der Gerichte, ein Unterhaltsschuldner kann bei bundesweiten Bemühungen um Arbeit als ungelernte Kraft immer ein ausreichendes Einkommen erzielen, um Kindesunterhalt zahlen zu können, erschien dem Bundesverfassungsgericht überzogen. Das bedeutet für mittellose Unterhaltspflichtige eine enorme Entlastung und Schutz vor Überschuldung. Für die andere Seite ist es anderseits in einem Gerichtsverfahren wichtig, das Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen darzulegen, etwa durch amtliche Auskunft des örtlichen Arbeitsamtes oder der Tarifstelle und hierzu Beweis anzubieten.
Oft reicht aber selbst das Einkommen eines einfachen Arbeitnehmers gar nicht aus, um neben den eigenen, bescheidenen Lebenshaltungskosten noch den Unterhaltsanspruch eines Kindes zu befriedigen. Der BGH hat sich daher auch mit der Frage auseinander gesetzt, inwieweit einem kindesunterhaltspflichtigen Arbeitnehmer zu zumuten ist, neben seiner Vollzeittätigkeit noch eine Nebentätigkeit auf zu nehmen um den Unterhaltsanspruch zahlen zu können. Es wird auf § 9 Arbeitszeitgesetz verwiesen, der die wöchentliche Arbeitszeit regelmäßig auf 6 x 8 = 48 Stunden begrenzt. Mehr Arbeitszeit ist auch dem Unterhaltsschuldner nicht zu zumuten.
Es wird außerdem darauf hingewiesen, dass viele Arbeitsverträge Klauseln enthalten, die die Aufnahme einer Nebentätigkeit nur mit einer Genehmigung durch den Arbeitgeber gestatten. Schließlich muss auch in so einem Fall für die Nebentätigkeit eine reale Beschäftigungschance bestehen. Nur wenn nach diesen Punkten eine Nebenbeschäftigung möglich ist, können dem Unterhaltspflichtigen fiktive Einkünfte aus einer unterlassenen Nebenbeschäftigung zugerechnet werden.
Wer ein Kind betreut und deshalb nicht arbeitet, hat gegenüber dem anderen Elternteil einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt.
Dieser kann bei ausreichendem Einkommen des Unterhaltspflichtigen zusätzlich zum Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle verlangt werden. Allerdings wird Betreuungsunterhalt im Regelfall nicht mehr so lange zu zahlen sein wie vor der Reform, als das achte Lebensjahr des Kindes als starre Grenze galt. Nun wird stärker der Einzellfall zu Grunde gelegt und geprüft, ob etwa örtliche Betreuungsmöglichkeiten wie Kindergärten oder Ganztagsschulen für die Kinder zur Verfügung stehen. Ist das der Fall, so trifft den betreuenden Elternteil schon viel früher die Pflicht zur eigenen Erwerbstätigkeit. Sicher ist der Unterhaltsanspruch nur für die ersten drei Lebensjahre des Kindes.
Mindestbedarf bei der Betreuung eines nichtehelichen Kindes
Dieser Unterhaltsanspruch bestimmt sich nach der Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten bei der Geburt des Kindes. Das heißt, der Unterhalt soll die Einkünfte ersetzen, die vor der Geburt des Kindes erzielt worden sind. Das ist ein wesentlicher Unterschied zum Unterhalt für eheliche Kinder. Beim Mindestbedarf werden nicht nur die Einkünfte vor der Geburt betrachtet, sondern auch die Nachteile in der beruflichen Entwicklung während der Kinderbetreuung ausgeglichen. Es wird also geschätzt, wie viel der Unterhaltsberechtigte verdient hätte, hätte er seinen Beruf wegen der Kinderbetreuung nicht aufgegeben.
Unabhängig von den tatsächlichen Einkünften steht dem Unterhaltsberechtigten mindestens ein Existenzminimum in Höhe von 770 Euro zu. Jedoch ist der Unterhaltsanspruch auch durch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen begrenzt. Dieser kann gegenüber dem betreuenden Elternteil auf jeden Fall 1.000 Euro selbst behalten. Zudem muss ihm mindestens die Hälfte des Gesamteinkommens beider Eltern verbleiben.
Wenn der Unterschied zwischen den Unterhaltsansprüchen bei neuer Rechtslage im Vergleich zum alten Recht mehr als zehn Prozent ausmacht, besteht die Möglichkeit, den entsprechenden Unterhaltstitel ändern zu lassen.
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