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Bezugsrecht II

In vielen erbrechtlichen Ratgebern wird der Abschluss von Lebensversicherungen als vorteilhaft dargestellt.

Sie sollen nicht in den Nachlass fallen und deshalb einen eventuellen Pflichtteilsanspruch nicht erhöhen. Dieser Ansicht kann allerdings nicht zugestimmt werden, wenn es sich um Lebensversicherungsverträge mit widerruflichem Bezugsrecht handelt. Hinsichtlich solcher Verträge steht dem Pflichtteilsberechtigten nach ständiger Rechtsprechung durchaus ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu. Wird das Bezugsrecht durch einen Schenkungsvertrag zwischen dem Erblasser und dem Bezugsberechtigten eingeräumt, ist die Voraussetzung für den Pflichtteilsanspruch erfüllt.

Die Frage, mit welchem Wert diese Schenkung (Einräumung der Bezugsberechtigung) im Rahmen des Pflichtteilsergänzungsanspruchs zu berücksichtigen ist, war zuletzt unklar. Zunächst hatte der Bundesgerichtshof (BGH) 1976 entschieden, dass als Berechnungsgrundlage die vom Erblasser gezahlten Versicherungsprämien anzusetzen seien. Dadurch habe sich das Vermögen des Erblassers ja effektiv vermindert.

Im Oktober 2003 hatte der BGH einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Anfechtung unentgeltlicher Leistungen im Insolvenzverfahren ging.

Die Richter entschieden, dass sich der Anfechtungsanspruch gegen den Bezugsberechtigten auf die Auszahlung der gesamten Versicherungssumme richtet, wenn die Einräumung mit einem widerruflichen Bezugsrecht erfolgte. Durch dieses Urteil wurde in Teilen der Literatur und teilweise auch in der Rechtsprechung ein Meinungswandel für den Bereich des Pflichtteilsrechts angenommen.

Der BGH hat mit seiner richtungsweisenden Entscheidung vom 28. April 2010 ( Aktenzeichen: IV ZR 73/08) für Klarheit gesorgt. Danach ist bei Lebensversicherungsverträgen mit widerruflichem Bezugsrecht einzig und allein derjenige Wert maßgebend, den der Erblasser in der „letzten - juristischen - Sekunde seines Lebens“ noch als Vermögen hätte umsetzen können. Dies wird in der Regel der Rückkaufswert der Lebensversicherung zum Todeszeitpunkt des Erblassers sein. Sollte der auf dem Zweitmarkt erzielbare Marktwert nachweisbar höher liegen, so kann im Einzelfall auch dieser Wert entscheidend sein.

Lebensversicherungsverträge mit widerruflichem Bezugsrecht sind bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs also sehr wohl mit ihrem Rückkaufswert oder ihrem Marktwert zum Todeszeitpunkt des Erblassers zu berücksichtigen. Zumindest wenn sie auf einem Schenkungsvertrag beruhen. Eine Abschmelzung oder die Zehnjahresfrist des § 2325 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kommt dabei nicht zur Anwendung. Der Schenkungszeitpunkt liegt nur eine juristische Sekunde vor dem Todeszeitpunkt des Erblassers.

Bei Lebensversicherungen mit unwiderruflichem Bezugsrecht erwirbt der Bezugsberechtigte bereits mit der Einräumung des Bezugsrechts alle Rechte aus dem Versicherungsvertrag.

Das bedeutet zunächst, dass für die Berechnung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs grundsätzlich der Wert der gesamten Versicherungssumme heran zu ziehen ist. Allerdings kann hier eine Abschmelzung beziehungsweise die Zehnjahresfrist gemäß § 2325 Absatz 3 BGB zur Anwendung gelangen. Der Schenkungszeitpunkt datiert nämlich auf den Zeitpunkt der Einräumung des unwiderruflichen Bezugsrechts. Ist bis zum Tod des Erblassers mehr als ein Jahr vergangen, so ist die Versicherungssumme nur noch anteilig oder sogar überhaupt nicht zu berücksichtigen.

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