Offenbarungspflichten und Arglist bei Grundstückskaufverträgen
Bei dem Verkauf von Grundstücken und gebrauchten Immobilien wird üblicherweise die Haftung des Verkäufers für Sachmängel ausgeschlossen mit Ausnahme der Haftung für Vorsatz und Arglist. In der Folge kommt es häufig zwischen Verkäufer und Käufer zu Streitigkeiten, wenn sich dann doch Mängel herausstellen, insbesondere dann, wenn der Käufer vor dem Kauf keine hinreichenden Nachforschungen angestellt hat.
Bei dem Verkauf von Grundstücken und gebrauchten Immobilien wird üblicherweise die Haftung des Verkäufers für Sachmängel ausgeschlossen mit Ausnahme der Haftung für Vorsatz und Arglist. In der Folge kommt es häufig zwischen Verkäufer und Käufer zu Streitigkeiten, wenn sich dann doch Mängel herausstellen, insbesondere dann, wenn der Käufer vor dem Kauf keine hinreichenden Nachforschungen angestellt hat. In der Regel liegt dann ein Mangel im Sinne des § 434 BGB vor. Ansprüche des Käufers scheitern aber meist daran, dass dem Verkäufer keine Arglist nachzuweisen ist.
Arglist setzt zumindest Eventualvorsatz voraus. Leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis des Verkäufers genügen nicht. Auch ein bewusstes „sich Verschließen“ des Verkäufers genügt nicht den an die Arglist zu stellenden Anforderungen (BGH NJW 2013, 2182).
Besser ist die Ausgangslage für den Käufer, wenn hinsichtlich der früheren Nutzung des Grundstückes ein Altlastenverdacht gegeben ist. Dieser stellt regelmäßig einen offenbarungspflichtigen Sachmangel dar. Dabei kommt es weniger auf den Zweck des erfolgten Kaufvertrages an. Allein das Risiko der öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme und die mit einem Altlastenverdacht verbundene Wertminderung entsprechen in der Regel nicht der üblichen Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 21.07.2017, V ZR 250/15).
Ob ein Altlastenverdacht besteht, ergibt sich dabei nicht nur aus einem möglichen Eintrag im Altlastenkataster der zuständigen Kommune, sondern möglicherweise auch aus der früheren Nutzung des Grundstückes. Zwar ist ein Altlastenverdacht nicht alleine aus der früheren Nutzung als Industriegelände abzuleiten, wohl aber aus einer früheren Nutzung, die die Gefahr erheblicher Schadstoffbelastungen begründen kann.
In der vorgenannten Entscheidung nennt der Bundesgerichtshof beispielhaft die Nutzung als „wilde Müllkippe“, als Werksdeponie, als Klärschlammrückhaltebecken oder die Nutzung zum Betrieb einer Asphaltmischanlage für den regionalen Straßenbau. Dabei ist noch nicht einmal darauf abzustellen, ob der Käufer konkrete und gewichtige Tatsachen, die die Existenz von Altlasten nahelegen, darlegen kann. Es kommt alleine darauf an, ob durch die frühere Nutzung objektiv ein Altlastenverdacht begründet ist. Dies führt alleine zum Sachmangel.
Bei der Beurteilung der Frage der Arglist kommt es in diesen Fällen nicht darauf an, ob der Verkäufer einen konkreten und naheliegenden Verdacht hinsichtlich des Vorhandenseins von Altlasten gehabt hat. Der Bundesgerichtshof wiederholt insoweit seine Rechtsprechung zur Arglist.
Danach handelt arglistig bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels „wer einen Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass ein Vertragspartner den Sachmangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte“.
In Anwendung dieser Definition des Arglistbegriffes handelt ein Verkäufer objektiv arglistig, wenn er eine ihm bekannte frühere Nutzung des Grundstückes, die einen Altlastenverdacht begründet, verschweigt. Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes hält der Verkäufer einen Sachmangel zumindest für möglich, wenn er die frühere Nutzung des Grundstückes kannte und es zumindest für möglich hielt, dass diese einen Altlastenverdacht begründet. So soll es nicht auf eine positive Kenntnis des Verkäufers über auf oder in das Grundstück gelangte Materialien oder Schadstoffe ankommen. Verschweigt der Verkäufer die bisherige Nutzung, so wird dem Käufer die Möglichkeit abgeschnitten, Bodenuntersuchungen durchzuführen, um so etwaige künftige Mehrkosten zu ermitteln.
Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung, dass diese Zielrichtung der Aufklärungspflicht nicht geschützt ist, wenn der Verkäufer erst dann zur Offenbarung verpflichtet wäre, wenn er konkrete, über das Wissen um die frühere Nutzung hinausgehende Anhaltspunkte, die für eine Kontaminierung sprechen, hat.
In dem zu entscheidenden Fall hat der Bundesgerichtshof die Angelegenheit zurückverwiesen und für die weitere Bearbeitung eine Reihe von Hinweisen erteilt.
So kann eine Arglist zu verneinen sein, wenn der Verkäufer über konkrete Informationen verfügt, aufgrund deren er davon ausgehen darf, dass eine Schadstoffbelastung nicht besteht. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn das Grundstück auf Altlasten untersucht worden ist oder wenn tatsächlich vorhandene Schadstoffe durch eine Spezialfirma bereits beseitigt worden sind. Der Käufer muss keine konkreten Tatsachen vortragen, aus denen der Verkäufer auf einen Altlastenverdacht schließen muss. Trägt der Verkäufer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu entlastenden Umständen vor, so muss er Umstände, die ihn veranlasst haben, trotz der bekannten früheren gefahrenträchtigen Nutzung einen Altlastenverdacht auszuräumen, plausibel vortragen. Diese hat er in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu konkretisieren.
Über den Autor
Rechtsanwalt Hans-Georg Herrmann
Das könnte Sie auch interessieren:
-
-
-
Es kommt in regelmäßiger Häufigkeit vor, dass Grundstückseigentümer, die ihre Grundstücke an Kaufinteressenten verkaufen wollen, mit diesen eine Reservierungsvereinbarung abschließen.
Weiterlesen
-
Wenn der Baum des Nachbarn auf das eigene Grundstück ragt… Die Gerichte haben sich immer wieder mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Rechte ein Grundstückseigentümer hat, wenn Zweige und Äste von Bäumen, die auf dem Nachbargrundstück stehen, auf sein eigenes Grundstück herüber ragen oder auf seinem Grundstück Laub, Nadeln oder Zapfen von Bäumen niedergehen, die auf dem Nachbargrundstück stehen.
Weiterlesen
-
Im Juni 2015 trat im Rahmen des Mietrechtsnovellierungsgesetzes (MietNovG) das sogenannte Bestellerprinzip in Kraft. Es sieht vor, dass eine Maklerprovision verbindlich von der Person zu bezahlen ist, die die Maklerleistung auch faktisch beauftragt hat. Diese Regelung ist mit weitreichenden Änderungen der bisherigen Zahlungsmodalitäten einer Maklercourtage verbunden.
Weiterlesen
-
Zur Beschaffenheit einer Sache nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB gehören auch solche Eigenschaften, die ein Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers und/oder seiner Gehilfen erwarten darf. Darunter fallen auch Angaben in den Verkaufsexposés
Weiterlesen
-
Abrechnungsfristen über Betriebskosten für den Fall, dass ein dingliches Wohnungsrecht bestellt wurde
Weiterlesen
-
Beim Verkauf gebrauchter Immobilien wird in der Regel die Haftung des Verkäufers für Sachmängel ausgeschlossen, weiter erklärt, dass dem Verkäufer keine versteckten Mängel bekannt sind und er nur in den Fällen der Arglist haftet. Häufig stellt der Käufer nach......
Weiterlesen
-
BGH stärkt Position von Inhabern abgetretener Grundschulden. In der Praxis mussten Grundschulderwerber befürchten, dass ihnen Forderungen gegen den früheren Grundschuldinhaber entgegengehalten werden, wenn...
Weiterlesen
-
Energieausweis dient nicht dem Schutz des Hauskäufers!
Weiterlesen
-
In Immobilienkaufverträgen, die aufgrund einer Maklertätigkeit zustande kommen, finden sich häufig Klauseln, in denen sich der Erwerber verpflichtet, an den Makler eine Courtage zu zahlen. Der außenstehende Dritte stellt sich dann die Frage, wie solche Klauseln in den Vertrag hineingelangen.
Weiterlesen
-
Die Käuferin erwarb mit notariellem Kaufvertrag von den Verkäufern ein Grundstück mit einem Haus von 1920. Der beauftragte Makler besichtigte mit ihr das Kaufobjekt. Sie macht wegen des arglistigen Verschweigens von Mängeln gegen die Verkäufer und den Makler Schadensersatzansprüche geltend.
Weiterlesen
-
Die Verkäuferin ließ ein Zweifamilienhaus mit einer Gesamtfläche von 342,02 m² durch eine Maklerin vermarkten und gab in deren Formular die Fläche des Hauses zutreffend an.
Weiterlesen
-
Die Verkäuferin schloss in einem notariellen Kaufvertrag mit dem Käufer die Gewährleistung wegen Sachmängeln am Haus aus und erklärte, ihr seien verborgene Mängel nicht bekannt.
Weiterlesen
-
Der Kauf einer Wohnung oder eines Hauses ist für die meisten Menschen eine einmalige Angelegenheit.
Weiterlesen
-
Immobilienkauf in der Schweiz - für Ausländer gelten Einschränkungen.
Weiterlesen
-
Aufweichung des Schriftformerfordernisses des § 550 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)?
Weiterlesen
-
Der Traum vom Eigenheim - Tipps, damit Ihr schöner Traum nicht zum Alptraum wird.
Weiterlesen
-
Anspruch auf Heizen durch die Heizungsanlage einer benachbarten Doppelhaushälfte?
Weiterlesen
-
Die meisten Privatleute betrachten das Eigenheim aus zwei Gründen als hervorragende Geldanlage:
Weiterlesen
-
Ist auf der Erwerberseite ein ausländischer Staatsangehöriger beteiligt, so ist zu klären, welches Güterrecht für ihn maßgebend ist.
Weiterlesen
-
Wer dem Begriff Auflassungsvormerkung zum ersten Mal begegnet, wird ihn sicher als wahres Wortungetüm empfinden. Aber: Die Auflassungsvormerkung hat ihren festen Platz in Verträgen, mit denen eine Immobilie erworben werden soll. Sie sichert die interessengerechte Abwicklung des Geschäfts. Der Begriff übernimmt die Ausdrucksweise des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Dort wird für die - vertragliche - Einigung über den Eigentumswechsel an einer Immobilie die Bezeichnung Auflassung definiert.
Weiterlesen
-
Wohl jeder hat schon einmal vom Nießbrauch gehört – aber was genau ist darunter zu verstehen?
Weiterlesen
-
Das Schreckgespenst eines jeden Eigentümers sind Altlasten, denn hinter diesem simplen Begriff steht das Risiko, dass der Boden verseucht sein könnte.
Weiterlesen
-
(Einfaches) Senken der Kosten beim Hauskauf.
Weiterlesen
-
Immobilien als Altersvorsorge - die Eigentumswohnung als Alternative zum Haus.
Weiterlesen
-
Immobilienerwerb aus der Zwangsversteigerung - Chancen und Risiken.
Weiterlesen
-
Eine Aufklärungspflicht gibt es in vielen Bereichen und Situationen, so auch beim Immobilienverkauf.
Weiterlesen
-
Streitpunkt Lüften: Vom „Einwohnen" und richtigem Lüftungs- und Heizverhalten.
Weiterlesen
-
Bieten bei einer Zwangsversteigerung: Welche Sicherheiten müssen erbracht werden?
Weiterlesen
-
Keine Gewährleistung ohne den Nachweis, dass zum Vertragsschluss positive Kenntnis vom Schädlingsbefall beim Verkäufer vorlag.
Weiterlesen
-
Die Reiseziele der Deutschen ändern sich, nicht jedoch der Wunsch im Ausland ein kleines Ferienhäuschen zu haben.
Weiterlesen
-
Wie lange bleibe ich als potentieller Käufer durch die Bindungsfrist an mein Angebot gebunden?
Weiterlesen
-
MaBV-Bürgschaft und Gewährleistungsansprüche
Weiterlesen
-
Nicht jeder darf im Verzeichnis aller Grundstücke (Grundbuch) alle beliebigen Daten einsehen.
Weiterlesen
-
Kauf neu errichteter Häuser und renovierter Altbauten: Abgrenzung zwischen Kaufvertrag und Werkvertrag.
Weiterlesen
-
Sind dem Verkäufer Altlasten bekannt, so genügt er seiner Aufklärungspflicht nicht, wenn er dem Käufer von einem bloßen Altlastenverdacht Mitteilung macht.
Weiterlesen
-
Ist eine Fristsetzung vor dem Rücktritt vom Kaufvertrag bei Immobilien notwendig?
Weiterlesen
-
-
Alles Ballermann oder was? - Warum die Deutschen die „Zeche“ der Immobilienblase in Spanien zu zahlen haben.
Weiterlesen