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Kündigung eines Auszubildenden

Bei der Kündigung eines minderjährigen Auszubildenden müssen viele formelle Anforderungen erfüllt werden.

Der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses minderjährige A schloss, vertreten durch seine Eltern, einen Ausbildungsvertrag ab. Im Ausbildungsvertrag war eine Probezeit von drei Monaten vereinbart. Der Betriebsrat stimmte der Kündigung zu. Mit Schreiben datiert am letzten Tag der Probezeit kündigte der Ausbildungsbetrieb das Ausbildungsverhältnis. Das Schreiben war vom Leiter des Betriebs unterzeichnet und „An den Auszubildenden A, gesetzlich vertreten durch die Eltern K“ adressiert. Dem Schreiben lag keine Kündigungsvollmacht bei. Es wurde am 31.10. um 8.30 Uhr durch einen Boten in den gemeinsamen Briefkasten der Familie eingeworfen, nachdem trotz mehrmaligen Läutens niemand geöffnet hatte.

Der Auszubildende war an diesem Tag arbeitsunfähig erkrankt, seine Eltern befanden sich auf Reisen. Daher nahm der Auszubildende das Schreiben tatsächlich erst am 2.11. zur Kenntnis. Noch am selben Tag informierte er telefonisch seine Mutter. Dieser lag nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub das Kündigungsschreiben am 3.11. vor.

Die Kündigung muss gegenüber den Eltern des Auszubildenden als dessen gesetzlichen Vertretern erklärt werden.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz regelt § 113 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Danach kann ein Minderjähriger selbst entsprechende Verträge abschließen, wenn der gesetzliche Vertreter den Minderjährigen ermächtigt, in Dienst oder in Arbeit zu treten. Grundsätzlich ist ein Minderjähriger allerdings nach § 106 BGB in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt. Eine gegenüber einem Minderjährigen abgegebene, schriftliche Willenserklärung wie sie die Kündigung darstellt, ist zunächst unwirksam. Sie wird nur dann wirksam, wenn sie mit dem erkennbaren Willen abgegeben worden ist, dass sie seinen gesetzlichen Vertreter erreicht und auch tatsächlich in den Herrschaftsbereich des Vertreters gelangt. Sie muss mit Willen des Erklärenden in Richtung auf den gesetzlichen Vertreter in den Verkehr gelangt sein. Der Erklärende muss damit gerechnet haben können und gerechnet haben, sie werde - gegebenenfalls auf Umwegen - den von ihm bestimmten Empfänger erreichen.

Nach diesen Grundsätzen ist das Kündigungsschreiben noch am 31. Oktober 2008 zugegangen. Das Schreiben war für die Eltern des Auszubildenden als dessen gesetzliche Vertreter bestimmt. Es ist dem Boten mit dem entsprechenden Willen der Zuleitung an die Eltern übergeben worden und damit in den Verkehr gelangt. Die Kündigung sollte gegenüber den Eltern des Auszubildenden als dessen gesetzlichen Vertretern abgegeben werden. Das ergibt sich eindeutig aus der Anrede des Kündigungsschreibens, die „Sehr geehrte Frau und Herr K“ lautet.

Auch aus der für die Übergabe durch Boten vorbereiteten Empfangsbescheinigung ergibt sich der Wille, die Kündigungserklärung an die Eltern zu richten.

Mit ihr sollte bescheinigt werden, dass die Eltern die Kündigungserklärung des Ausbildungsverhältnisses ihres Sohnes erhalten haben. Sie sollte von ihnen unterzeichnet werden. Der Bote, dem der Zugangswille des Ausbildungsbetriebes jedenfalls aufgrund der vorbereiteten Empfangsbescheinigung bekannt war, sollte das Schreiben den Eltern des Auszubildenden als dessen gesetzlichen Vertretern zuleiten. Weil er niemanden angetroffen hat, hat er den Brief in den gemeinsamen Hausbriefkasten der Familie eingeworfen. Mit dem Einwurf in den Briefkasten hat das Kündigungsschreiben die gesetzlichen Vertreter des Auszubildenden als die von dem Ausbildungsbetrieb bestimmten Empfänger erreicht. Es ist dadurch in den Machtbereich der Eltern des Auszubildenden gelangt.

Das Kündigungsschreiben wurde am 31. Oktober um 8.30 Uhr, also vor der üblichen Postzustellzeit, in den Briefkasten eingeworfen. Daher bestand für die Eltern unter gewöhnlichen Verhältnissen noch am 31. Oktober die Möglichkeit, von dem Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen. Ungeachtet ihrer Ortsabwesenheit ist ihnen als gesetzlichen Vertretern das Schreiben noch am 31. Oktober zugegangen. Unerheblich ist, dass nur ein Elternteil, hier die Mutter, tatsächlich Kenntnis von dem Inhalt des Kündigungsschreibens erlangt hat. Für den Empfang von Willenserklärungen wie sie das Kündigungsschreiben darstellt, genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Kündigungsschreiben, das an den Auszubildenden, gesetzlich vertreten durch seine Eltern, adressiert ist, lässt den Willen des Ausbildungsbetriebes, dass das Kündigungsschreiben die Eltern des Auszubildenden erreichen soll, hinreichend erkennen. Der Ausbildungsbetrieb hat damit die Eltern des Azubis in ihrer Eigenschaft als dessen gesetzliche Vertreter angeschrieben.

Jedoch trägt der Betrieb bei postalischer Übermittlung ein gewisses Zustellrisiko.

Gegebenenfalls hat der Minderjährige – etwa weil er eine Einliegerwohnung im elterlichen Haus bewohnt - einen eigenen, deutlich als solchen gekennzeichneten Briefkasten. Falls der Postzusteller ein entsprechend adressiertes, per Post übersandtes Kündigungsschreiben in diesen und nicht in den Briefkasten der Eltern einwirft, geht das Kündigungsschreiben erst zu, wenn es der Minderjährige den Eltern übergibt. Die Zusteller der Post sind zwar gehalten, eine Sendung „an der in der Anschrift genannten Wohn- und Geschäftsadresse durch Einwurf in eine für den Empfänger bestimmte… Vorrichtung für den Empfang von Briefsendungen oder durch persönliche Aushändigung an den Empfänger“ (§ 2 Nr. 4 Satz 2 der Post-Universaldienstleistungsverordnung) zuzustellen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass bei einer Adressierung, wie sie hier der Ausbildungsbetrieb gewählt hat, das Schreiben in den Briefkasten des Minderjährigen eingeworfen wird. Soll dieses Risiko vermieden werden, muss der Ausbildungsbetrieb das Kündigungsschreiben allein an die Eltern als gesetzliche Vertreter des Auszubildenden adressieren.

Die Kündigung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft. Sie ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte keine Vollmachtsurkunde vorlegt und der andere – hier der Auszubildende beziehungsweise dessen Eltern - das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Die Vollmachtsurkunde muss im Original vorgelegt werden. Die Vorlage einer beglaubigten Abschrift oder einer Kopie genügt nicht.

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Erik Hauk

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