Kontenabrufverfahren
Bereits seit 2003 spähen Behörden zur Ermittlung von Wirtschafts- und Steuerstraftaten Kontonummern, -inhaber und die Kontoeröffnungsdaten bei Banken aus.
Für die Zwecke der Festsetzung und Vollstreckung von Steuern dürfen das seit April 2005 auch ganz normale Finanzbeamte. Da auch das Bundesverfassungsgericht diese Kontenabrufverfahren für zulässig erklärt hat, wurde das Bankgeheimnis de facto abgeschafft. Es entstand der „gläserne Bankkunde“, dessen Bankverbindungen damit lückenlos bekannt werden. Nicht deklarierte Zinsen, Dividenden, Kapitalerträge, Spekulationsgewinne und so weiter können im darauf folgenden Auskunftsverfahren schnell entdeckt werden.
Die Entdeckung von Konten und Depots, die den Finanzbehörden bisher unbekannt waren, kann somit zu erheblichen Steuernachforderungen führen und zur Verfolgung wegen einer Steuerhinterziehung. Die mögliche Bestrafung wegen einer Steuerstraftat kann aber durch Selbstanzeige vermieden werden. Denn der Steuerpflichtige, der vor einem geplanten Kontenabruf zur Auskunft über seine Konten und Depots aufgefordert wird, kann regelmäßig noch strafbefreiende Selbstanzeige erstatten. Das gilt selbst dann, wenn der Kontenabruf bereits erfolgt ist und die ermittelnden Behörden bereits verschwiegene Konten und Depots entdeckt haben. Vor einem konkreten Auskunftsersuchen an die Banken über die erzielten Kapitaleinkünfte muss der Steuerpflichtige über die geplante Maßnahme informiert werden.
Da aufgrund des bloßen Kontenabrufverfahrens noch keine konkrete Steuerhinterziehung entdeckt ist, bleibt somit noch eine strafbefreiende Selbstanzeige möglich.
Mit dem 1. Januar 2009 tritt eine Neuregelung in Kraft, wonach heimliche Kontoabfragen nur noch bedingt zulässig sind. Eine Kontoabfrage soll danach - soweit nicht der Verdacht von Straftaten vorliegt - ohne Zustimmung des Steuerpflichtigen nur noch statthaft sein, wenn ein vorhergehendes Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.
Der Kontenabruf nach der Neuregelung muss anlassbezogen und zielgerichtet erfolgen sowie erforderlich sein. Anlasslose Abrufe „ins Blaue hinein“ sind unzulässig. Die Erforderlichkeit setzt allerdings nicht voraus, dass der Verdacht auf steuerrechtliche Unregelmäßigkeiten besteht. Es genügt, wenn eine Sachaufklärung durch den Steuerpflichtigen nach den bisherigen Erfahrungen der Finanzverwaltung nicht zu erwarten ist. Insbesondere beim Verdacht auf Steuerhinterziehung dürfte das stets anzunehmen sein. Ermittler und Steuerfahnder dürfen somit Kundenstammdaten Verdächtiger auch künftig ohne deren Wissen abrufen.
In diesem Fall gilt auch nicht die normalerweise bestehende Pflicht der Ermittlungsbehörden, denjenigen, dessen Konten abgefragt wurden, zu informieren.
Diese Pflicht besteht nur, wenn keine schwerwiegende Gefährdung, Nachteile für die Allgemeinheit oder für die Erfüllung der Aufgaben der Behörden angenommen wird. Liegt der Verdacht auf eine Steuerstraftat vor, erfährt der Steuerpflichtige von dem Datenaustausch nichts. Für solche Verdachtsmomente genügt schon eine anonyme Anzeige oder Hinweise der betrogenen Ehefrau, eines verfeindeten Mitgesellschafters, Nachbarn oder Arbeitskollegen.
Hat ein Kontenabruf stattgefunden, für den grundsätzlich die Einholung einer Zustimmung erforderlich war, liegt eine Rechtsverletzung vor. Dieses rechtswidrige Verfahren begründet allerdings kein absolutes Verwertungsverbot für die ermittelnden Behörden. Ein allgemeines, gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt wurden, besteht nicht. Stattdessen muss grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass auch ein rechtswidrig vorgenommener Kontenabruf voll ausgewertet werden kann.
Im Zweifelsfall wird er von der ermittelnden Behörde - dann natürlich unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften - einfach wiederholt.
Eine größere Rolle dürfte der Kontoabruf in Zukunft auch für die Zwecke der Vollstreckung von Steuerforderungen erlangen. Die Kenntnis vom Vorhandensein bisher unentdeckter Konten impliziert natürlich die Durchführung von Pfändungen.
Außerdem ist, wie bisher, der Kontenabruf für bestimmte aussersteuerliche Zwecke zulässig. Zum Beispiel können auch Sozialbehörden von unbekannten Bankverbindungen erfahren, selbst über Konten die innerhalb der letzten drei Jahren gelöscht wurden. So können Studenten wegen Erschleichen von Ausbildungsförderung, zum Beispiel BAföG und Arbeitslose wegen Arbeitslosengeld II in das Visier der Ermittler kommen.
Da die Banken nach dem Kreditwesengesetz verpflichtet sind, Unterlagen zu Konten und Depots zehn Jahre lang aufzubewahren, können über die Kontenabfrage somit noch über viele Jahre Details bekannt werden.
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