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Betriebsschaden

Haftung des Arbeitnehmers für einen Betriebsschaden.

Taxiunternehmer Ferdinand Ferntour ist verzweifelt. Die neu erworbene Kraftdroschke, in edelster Stuttgarter Baukunst gefertigt, hat einen Schaden im Frontbereich. Sein jung-dynamischer Nachtfahrer Karl Krawallo wollte seinen Fahrgästen praktische Multi-Tasking-Fähigkeiten beweisen und demonstrierte, wie es doch überhaupt kein Problem sei, zeitgleich das Fahrzeug zu lenken und im Stadtplan nach dem kürzesten Fahrweg zu suchen. Schade nur, dass der gute Karl nicht zugleich eine dritte Sache erledigen konnte: Nämlich auf die vorausliegende Kreuzung zu achten. Sonst wäre ihm bestimmt der vorfahrtberechtigte VW Passat aufgefallen, der jetzt quer vor Ferdinands Neuwagen steht und in dessen Fahrertür sich deutlich das Profil des Markenzeichens seines bevorzugten Fahrzeuglieferanten abzeichnet.

Der Schaden an dem VW Passat war nicht das große Problem. Der wurde durch die eigene Haftpflichtversicherung reguliert. Was aber passiert mit dem eigenen Schaden? Mit sage und schreibe 1.000 Euro soll sich Ferdinand an der Vollkasko-Entschädigung beteiligen. Dabei ist zunächst von dem allgemeingültigen Grundsatz auszugehen, dass jeder, der die Sache eines anderen schuldhaft beschädigt, den entstandenen Schaden zu ersetzen hat.

Wer also als Taxifahrer vorsätzlich oder fahrlässig einen Verkehrsunfall verursacht, muss dem Unternehmer die Reparaturkosten erstatten.

Schon im Jahre 1957 hatte sich das Bundesarbeitsgericht mit einem solchen Fall zu befassen. Die Richter entwickelten in dieser Aufsehen erregenden Entscheidung zahlreiche Abweichungen von dem soeben dargestellten Grundsatz. Wenn ein Arbeiter eine so genannte „gefahrengeneigte Tätigkeit“ ausübe, also eine Arbeit, bei der auch dem sorgfältigsten Arbeitnehmer gelegentlich mal vermeidbare Fehler unterlaufen, dann führe dies zu einer Haftungserleichterung bei dem Arbeitnehmer. In der weiteren Rechtsprechung entwickelten die Arbeitsrichter weitere Ausnahmen zu Gunsten der Arbeitnehmer. Heute reicht es schon aus, dass die schadensverursachende Tätigkeit „betrieblich veranlasst“ ist; die besondere Gefahrenneigung wird nicht mehr gefordert.

Vor diesem Hintergrund wird die Schadensersatzverpflichtung des Arbeitnehmers nun in drei Gruppen eingeteilt:

  • Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in der Regel voll für den eingetretenen Schaden.

  • Bei mittlerer Fahrlässigkeit erfolgt in der Regel eine Haftungsverteilung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

  • Bei nur einfacher Fahrlässigkeit bleibt der Arbeitgeber auf seinem Schaden sitzen.

Dabei entscheiden die Arbeitsgerichte in der Regel sehr stark nach Billigkeits- und Zumutbarkeitskriterien.

Es wird also immer ein Blick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls geworfen, so dass für diesen Problemkreis leider keine Quotentabelle oder ähnliches existiert. In der Praxis wird die richterliche Entscheidung durch zahlreiche Faktoren beeinflusst. Dies kann zum Beispiel das Vorhandensein einer Kaskoversicherung sein. Natürlich ist niemand dazu gezwungen, eine solche Versicherung abzuschließen. Wenn man aber einen Fahrer auf ein nicht versichertes, hochwertiges Taxi setzt, so kann dies im Schadensfall zu Minuspunkten bei Gericht führen. Ein weiterer Faktor ist das Einkommen des Arbeitnehmers. Wenn der entstandene Schaden im Vergleich zum Einkommen völlig außer Verhältnis steht, so kann dies ebenfalls die Haftung zu Lasten des Arbeitgebers verändern.

Beispiel: Der Arbeitnehmer hat als Berufskraftfahrer mit dem Handy in der Hand die rote Ampel überfahren, so dass es zum Unfall kam. Dies wurde als grob fahrlässig eingestuft. An dem Fahrzeug entstand ein Schaden in Höhe von 7.700 DM. Das Bruttoeinkommen des Fahrers betrug zuletzt 5.370 DM. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage des Unternehmers ursprünglich unter Hinweis auf den im Vergleich zum Einkommen hohen Schaden abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat dann jedoch entschieden, dass kein Missverhältnis zwischen entstandenem Schaden und Verdienst des Fahrers besteht, wenn der Schaden nur unwesentlich höher als ein Monatseinkommen ist. Der Fahrer musste also den gesamten Schaden ersetzen.

In einem anderen Fall von mittlerer Fahrlässigkeit hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz den Arbeitnehmer zur Erstattung der Vollkasko-Selbstbeteiligung in Höhe von 1.000 DM verurteilt, obwohl es einen solchen Vollkasko-Vertrag überhaupt nicht gab. Der Fahrer war hier auf nasser Fahrbahn auf ein, an einem Stopp-Schild wartendes Fahrzeug gerutscht. Hier hat der Unternehmer also offensichtlich Minuspunkte dafür eingefahren, dass er sein Fahrzeug tatsächlich nicht versichert hat.

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André van de Velde

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